Auch wenn wir von einem umfassend verstandenen weltweiten Frieden noch ein grosses Stück entfernt sind und weiterhin darum gerungen werden muss, so hat die Staatengemeinschaft – nicht zuletzt nach den leidvollen Erfahrungen des Ersten und des Zweiten Weltkriegs, die zur Gründung des Völkerbundes beziehungsweise der Vereinten Nationen geführt hatten – doch schon einiges erreicht und verdanken wir den Frieden sowie die Freundschaft, die heute unter einem grossen Teil der Staaten herrschen, mit der verbreiteten Erkenntnis, wie wichtig eine sorgfältig ausgestaltete internationale Rechtsordnung für ein allseitig gedeihliches Zusammenleben auf unserem Planeten Erde ist.
Der Schweizer Jurist und Rechtsprofessor Max Huber (1874–1960) gehört zu den massgebenden Vorkämpfern für ein modernes, universelles Völkerrecht. Als Jugendlicher vom 1889 erschienenen Roman »Die Waffen nieder!« der Pazifistin Bertha von Suttner tief bewegt, hat Huber – später Richter und Präsident des 1920 neu geschaffenen Ständigen Internationalen Gerichtshofes in Den Haag und, von 1928–1944, Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Genf – die Frage nach den Grundlagen einer tragfähigen Friedensordnung ganz in den Mittelpunkt seines Lebens gestellt. Wir geben in diesem Artikel eine Grundsatzrede wieder, die Max Huber 1916, in der Mitte des Ersten Weltkriegs, über den Wert und die Notwendigkeit des Völkerrechts gehalten hat. Seine Ausführungen eignen sich nicht nur hervorragend, um auch heute noch das Verständnis für die Anliegen und die Schwierigkeiten des modernen Völkerrechts zu wecken oder zu erhöhen, sie geben zugleich Einblick in das Denken eines grossen Zeitgenossen.