In der Renaissance kam es in Italien zwischen humanistischen Gelehrten und Vertretern der kirchlichen Theologie zu einer bedeutungsvollen Auseinandersetzung: Im Kern ging es dabei um die Frage nach der Würde des Menschen und seiner Möglichkeit, in Daseinsfragen zu Erkenntnissen zu gelangen. Ausgangspunkt der Debatte war das Thema der Inspiration: Ist die Möglichkeit, auf dem Weg hoher Inspiration zu Glaubenswahrheiten zu gelangen, nur auf wenige Auserwählte beschränkt, wie es die Theologie lehrte, oder kann, wie verschiedene Humanisten es anklingen liessen, prinzipiell jeder Mensch Empfänger inspirativer Eingebung werden? Die Antwort auf diese Frage barg Zündstoff; denn sie war entscheidend für die Beurteilung der Kirche, die sich als alleinige Vermittlerin von Wahrheit, Gnade und Heil verstand.