»Als Mensch besass Schubert alle Eigenschaften, welche zur Konstituierung des wahren Verdienstes und wohl begründeten Ruhms in was immer für einem Fach wesentlich sind. Arbeitsam und in hohem Grad bescheiden, einfach und geregelt in seiner Lebensweise, aufrichtig gegen jedermann und sowohl vertraulich als unterhaltend im Umgang mit seinen Freunden – nur grössere und unbekannte Zirkel gerne vermeidend –, war er zugleich ein Muster kindlicher Liebe und brüderlicher Eintracht.«
Mit diesen Worten nahm ein nicht namentlich genannter Autor, der offensichtlich zum näheren Freundeskreis Franz Schuberts gehört hatte, drei Wochen nach dessen Tod in einer Wiener Zeitschrift von ihm Abschied. Schubert, vor 175 Jahren gestorben, war nur gerade 31 Jahre alt geworden und hat trotzdem die enorme Zahl von rund eintausend Musikkompositionen hinterlassen. Es finden sich darunter nicht nur acht Sinfonien, acht Messen und mehrere wegen wenig überzeugender Textvorlagen allerdings kaum gespielte Opern, sondern auch die Fülle von über 600 Liedern. Und diese nehmen in Schuberts Schaffen, bei aller Schönheit seiner übrigen Werke, nicht nur an Zahl eine herausragende Stelle ein:
»Obgleich in keinem Werk Schuberts sein tiefer, origineller Geist und sein unermesslicher Reichtum an Melodien vermisst wird«, urteilte der nahe Schubert-Freund Josef von Spaun kurz nach dessen Tod, »so erscheint er doch weit am vorzüglichsten im Lied. In dieser Art Musik steht er allein und unübertroffen da. Was des Dichters Brust bewegte, hat Schubert in jedem seiner Lieder treu und verklärt in Tönen wiedergegeben wie keiner vor ihm. Jede seiner Liedkompositionen ist eigentlich ein Gedicht über das Gedicht, das er in Musik setzte.«